von Robert Klatt •
Als Reaktion auf die geplante Reform des Urheberrechts hat sich das Wikipedia Team dafür entschieden, die Webseite zeitweise offline zu nehmen.
Die deutsche Version des Onlinelexikons Wikipedia wird am 21. März als Reaktion auf die geplante EU Urheberrechtsreform und den dort enthaltenen Artikel 13 offline genommen. In einer internen Abstimmung haben sich die unentgeltlich arbeiteten Autoren und Administratoren des Portals für diesen drastischen Schritt entschieden, um in der Bevölkerung mehr Bewusstsein für Probleme zu schaffen, die das neue Urheberrecht auch für kostenfreie und nicht gewinnorientierte Internetangebote wie Wikipedia bedeuten würde.
Anstatt der üblichen Artikel wird am 21. März nur eine schwarze Seite zu sehen seien, die einen Infotext zur Urheberrechtsreform enthält.
"Liebe Besucherin, lieber Besucher,
warum können Sie Wikipedia nicht wie gewohnt benutzen? Die Autorenschaft der Wikipedia protestiert gegen Teile der geplanten EU-Urheberrechtsreform, die am xx.xx.xxxx vom Parlament der Europäischen Union verabschiedet werden soll.
Die geplante Reform könnte dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird. Selbst kleinste Unternehmen müssten fehleranfällige und technisch unausgereifte Upload-Filter für sämtliche ihrer Inhalte einsetzen (Artikel 13) und für minimale Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben, um das sogenannte Leistungsschutzrecht für Presseverleger einzuhalten (Artikel 11). Dies könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit deutlich beeinträchtigen.
Gegen die Reform protestieren auch rund fünf Millionen Menschen in einer Petition, 145 Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisationen, Wirtschafts- und IT-Verbände (darunter Bitkom, der deutsche Start-Up-Verband oder der Chaos-Computer-Club), Internet-Pioniere wie Tim Berners-Lee, Journalistenverbände sowie auch Kreativschaffende.
Wir bitten Sie deshalb darum …
… die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu kontaktieren und sie über Ihre Haltung zur geplanten Reform zu informieren.
… an den Demonstrationen teilzunehmen, die am 23. März 2019 in ganz Europa stattfinden.
… Ihr demokratisches Recht wahrzunehmen und am 26. Mai 2019 an der Wahl des EU-Parlaments teilzunehmen.
Danke."
Die in Artikel 13 neu eingeführten Haftungsregeln, die Plattforminhaber für Lizenzverletzungen auch bei nutzergenerierten Inhalten verantwortlich macht, wird für nicht kommerzielle Angebote wie die Wikipedia zwar nicht gelten, die Wikimedia Foundation erwartet jedoch trotzdem Einschränkungen für ihre Angebote. Wie die Wikimedia Foundation in ihrem Blog berichtet, hat eine juristische Prüfung ergeben, dass die durch das Urheberrecht geschaffenen weitreichende Zensur dazu führen würde, dass Informationen nicht mehr frei verfügbar wären und somit schlussendlich auch in der Wikipedia fehlen würden.
Außerdem ist juristisch noch nicht geklärt, ob die Wikipedia für ihre umfassenden Quellenangaben an die verlinkten Verlage Lizenzgebühren bezahlen müsste, die zum Beispiel Google für ihr News-Angebot entrichten muss.
Überraschend ist die geringe Beteiligung an der Abstimmung, bei der zwischen dem 1. Und 8. März nur 233 Personen teilgenommen haben, von denen 146 für die Abschaltung, 69 gegen die Abschaltung und 9 Personen mit einer Enthaltung abgestimmt haben. Neben der kompletten Abschaltung, die sich am Ende durchgesetzt hat, wurde auch eine Lösung diskutiert, bei der die Inhalte weiter verfügbar wären, bei der aber ein Banner auf die Problematiken der Urheberrechtsreform hingewiesen hätte.