von Robert Klatt •
E-Mails sollen durch eine künstliche Intelligenz automatisch in Kategorien eingeordnet werden. Anfangs müssen dafür Mitarbeiter E-Mails manuell lesen.
Trotz der immer größeren Verbreitung von WhatsApp, Signal, Telegram und Co. nimmt die Anzahl der verschickten E-Mails in Deutschland stetig weiter zu. Die beiden größten deutschen E-Mail-Anbieter GMX und Web.de prognostizieren, dass ihre rund 33 Millionen Nutzer im laufenden Jahr insgesamt 900 Milliarden E-Mails verschicken werden. Dies ist eine Steigerung von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum vergangen Jahr. Nun hat das Unternehmen United Internet, das beide E-Mail-Provider betreibt, angekündigt an einem „intelligenten Postfach“ zu arbeiten, dass den Nutzern dabei helfen soll die Übersicht in der zunehmenden Mail-Flut zu erhalten. Google bietet eine ähnliche Möglichkeit bereits seit einigen Jahren für ihre E-Mail-Dienst an. United Internet setzt dafür eine künstliche Intelligenz (KI) ein. Ein Betatest der Algorithmen erfolgt mit einer Million Nutzer ab dem heutigen Dienstag.
Während des Betatests arbeitet United Internet mit den Logistikunternehmen DPD und DHL zusammen, um durch ihre KI die Sendungsverfolgung zu vereinfachen. Dazu werden E-Mails der Versanddienstleister automatisch sortiert.
Bisher wird diese neue Funktion erst nach einem vorherigen Opt-In der Nutzer genutzt, da die Dienste zur Sortierung die E-Mails der Nutzer automatisiert lesen müssen. Da die Algorithmen noch „Lernen“ müssen und erst mit ausreichend Datenmaterial zuverlässig funktionieren werden, werden anfangs auch Mitarbeiter des Unternehmens nach Zustimmung der Nutzer E-Mails lesen. Sie sollen so die Arbeit der Algorithmen überprüfen. Die manuelle Überprüfung erfolgt nur, wenn Nutzer dieser Art der Überprüfung gesondert zustimmen. Die alleinige Aktivierung des „intelligenten Postfachs“ erlaubt laut United Internet ihren Mitarbeitern noch keinen Zugriff auf E-Mails.
Das nicht alle Entwickler die Rechte ihrer Nutzer respektieren zeigt ein Bericht des Wall Street Journal, der Anfang Juni aufdeckte, dass zahlreiche Google Mail Add-ons die E-Mails ihrer Nutzer mitlesen und auswerten. Auch bei Google Mail ist die Auswertung von E-Mails nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Nutzers möglich. In der Praxis wurde diese Zustimmung vermutlich jedoch häufig erteilt, ohne dass sich die Nutzer der Folgen bewusst waren.
Auch im Google Mail „Skandal“ wurden E-Mails nicht ausschließlich durch Algorithmen, sondern auch durch Mitarbeiter der Add-ons ausgewertet, um so die KI zu verbessern. Das amerikanische Unternehmen Return Path soll beispielsweise rund 8000 E-Mails manuell durch Ingenieure ausgewertet haben, die anschließend die E-Mails in die Kategorien privat oder geschäftlich einordneten.