von Robert Klatt •
Gewalthaltige Spiele werden oft als Auslöser für Aggressivität und sogar Amokläufe angesehen. Zwei unabhängige Studien zeigen nun, dass dies nicht stimmt.
Besonders in Deutschland wird bedingt durch Amokläufe an Schulen seit geraumer Zeit darüber diskutiert, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Spielen von gewalthaltigen Computerspielen und der Ausübung von Gewalt in der Realität gibt. Eine Langzeitstudie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) kam nun zu dem Ergebnis, dass "der oft angeführte negative Einfluss von Gewalt-Videospielen auf das Verhalten der Spieler sich wissenschaftlich nicht nachweisen lässt." Simone Kühn, Untersuchung-Leiterin von der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE erklärte, dass Probanden ihrer Untersuchung nicht langfristig durch den Konsum von virtueller Gewalt beeinflusst wurden.
Die Ergebnisse der Studie haben die Wissenschaftler aus Hamburg im Fachmagazin Molecular Psychiatry publiziert. Insgesamt nahmen 90 erwachsene Probanden die ihm Mittel 28 Jahre alt waren an der Untersuchung teil. 48 Testpersonen waren weiblich, 42 Testpersonen waren männlich. Alle Teilnehmer zählten vor Beginn der Untersuchung nicht zur Gruppe der Hardcore-Gamer. Die Forscher teilten sie in drei Gruppen auf, die dann jeweils unterschiedliche Spiele spielen mussten. Während des Versuchszeitraums von 60 Tagen musste eine Gruppe das gewalthaltige Spiel Grand Theft Auto (GTA) konsumieren, während die zweite Gruppe das friedliche Spiel Sims spielen musste. Die dritte Kontrollgruppe musste während des gesamten Zeitraums auf Spiele verzichten.
Durch verschiedene Testverfahren untersuchten die Wissenschaftler latente oder manifeste Aggressionen der Probanden aus. Dies wurde mithilfe von Fragebögen und Verhaltenstests jeweils vor Beginn der zwei Monate und danach durchgeführt. Durchschnittlich haben die Testpersonen während des Zeitraums 33 Stunden gespielt. Außerdem wurde auch das allgemeine Sozialverhalten und die Empathie-Fähigkeit untersucht. Das Team rund um Kühn konnte während des gesamten Versuchs "keine signifikanten oder relevanten Verhaltensänderungen der Spieler" bemerken.
Nun soll noch untersucht werden, ob diese Resultate sich auch auf Kinder übertragen lassen. Des Weiteren kritisierten die Wissenschaftler, dass während der Studien die Probanden nur für einen relativ geringen Zeitraum mit der virtuellen Gewalt konfrontiert waren. Hardcore-Gamer sind in der Realität oft deutlich jünger und beschäftigen sich deutlich intensiver mit den problematisch angesehen Spielen. Es ist daher nicht klar, ob sich die Ergebnisse übertragen lassen. Ebenfalls problematisch ist, dass die Untersuchung der Teilnehmer kurz nach dem Spielen stattfand. In der Psychologie ist dies unter dem Begriff "Priming" seit längerem bekannt.
Wissenschaftler der Universität York kamen vor kurzem zu ähnlichen Ergebnissen. Ihre Untersuchung ergab, dass die Priming-Theorie die beschreibt das Videospiele das Verhalten von Spielern stark beeinflussen können falsch ist. Aggressives Verhalten in Spielen führt also nicht automatisch zu einer gesteigerten Aggressivität in der wirklichen Welt. Anders sieht es bei frustrierenden Momenten in Spielen aus, die auch in der Realität zu Wut und Aggressivität führen können.
Die beiden voneinander unabhängigen Studien zeigen also, dass Gewalt in Videospielen keinen Einfluss auf das Verhalten der Probanden in der realen Welt hat.