von Robert Klatt •
Ist YouTube nur ein technischer Dienstleister oder ist die Plattform für Urheberrechtsverletzungen mitverantwortlich?
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt sich seit Mittwoch damit, ob YouTube bei Urheberrechtsverletzungen seiner Mitglieder durch hochgeladene Videos haftbar gemacht werden kann. Ein Urteil das negativ für YouTube ausfällt, könnte den Druck auch auf ähnliche Plattformen deutlich erhöhen. Derzeit mahnt YouTube vor dem Upload zwar mit "Respektiere das Urheberrecht!", eine wirksame Kontrolle gibt es jedoch nicht. Besonders relevant für die Entscheidung der Richter dürfte Europäisches Recht sein.
Die Richter prüfen aktuell im Detail ob und im welchem Umfang die Plattform für hochgeladene Inhalte verantwortlich ist. Außerdem wird geprüft, ob YouTube nicht zumindest strenger die Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen kontrollieren muss bevor sie öffentlich abrufbar werden (Az.: I ZR 140/15). Ebenfalls fraglich ist kaut dem Vorsitzenden Richter ob die weltweit größten Musikprovider ebenfalls Täter oder zumindest Mittäter der Urheberrechtsverletzungen sind. Um dies zu evaluieren ist laut dem Gericht eine Berücksichtigung der bisherigen europäischen Urteile von großer Bedeutung.
YouTube selbst sieht sich seit jeher nur als technischer Dienstleister, der fremde Inhalte für Dritte verbreitet. Das Unternehmen erklärte, dass es für Urheberrechtsverletzungen daher nicht haftbar sei. Der Hamburger Musikproduzent Frank Peterson der gegen YouTube klagt nannte die Äußerung des Unternehmens „ein Unding“. Er erklärte, dass "er will, dass Youtube verantwortlich für die hochgeladenen Inhalte ist, denn sie sind die Nutznießer."
Peterson ist seit rund zehn Jahren ein Gegner der Video-Plattform. Laut ihm wurden verschiedene Werke seiner Tournee und eines von ihm produzierten Albums ohne sein Einverständnis auf YouTube verbreitet worden. Laut Peterson ist auch YouTube dafür verantwortlich, da das Unternehmen durch Werbeeinnahmen an den Uploads mitverdient. Er fügte hinzu, dass "er das Geschäftsgebaren von Youtube ich als extremst ungerecht empfinde."
Die Anwälte der Gegenseite verneinen die Schuld YouTubes an den Urheberrechtsverletzungen deutlich. Der BGH-Anwalt Thomas Winter erklärte, dass ein Schuldspruch das Ende des Geschäftsmodells für YouTube und andere Plattformen bedeuten würde. Seiner Ansicht nach liegt die Verantwortung alleine bei den Nutzern, die die jeweiligen Videos hochladen aber nicht bei der Plattform selbst, die die technische Infrastruktur dafür schafft.
Besonders der Value Gap ist ein Punkt in dem sich YouTube seit Ewigkeiten mit Rechteinhabern streitet. Der Value Gap beschreibt die Differenz zwischen den Einnahmen die YouTube durch urheberrechtlich geschützte Werke erzielt und dem Anteil, den die Inhaber dieser Rechte davon erhalten. Der Konzern verdient einen großen Teil seiner Werbeeinnahmen mit geschützten Werken, die oft von Nutzern unberechtigt hochgeladen werden, ohne Einnahmen an den Urheber abzuführen.
Florian Drücke, Chef des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) sagte, dass "es ein großes Ungleichgewicht ist, dass der größte Musikdienst der Welt mit über einer Milliarde Nutzer an die Rechteinhaber und ihre Partner vergleichsweise sehr wenig abgibt." Der BVMI-Dachverband IFPI erklärte, dass in Deutschland etwa die Hälfte der gestreamten Musik von YouTube ausgeliefert wird. Trotzdem trägt YouTube nur 1,9 Prozent der deutschen Streaming-Umsätze bei.
Christian Solmecke, Experte für Internetrecht erklärte, dass seiner Ansicht nach YouTube und andere Plattformen durch die EU dazu verpflichtet werden müssten, funktionierende Uploadfilter einzusetzen. "Letztlich sollte es Möglichkeiten geben, solche Inhalte frei zu benutzen und auf technische Weise zu sichern, dass jemand für die Werke zahlt."