von Robert Klatt •
Beim Austritt Großbritanniens aus der EU könnten sämtliche britischen .eu-Domains gelöscht werden. Aktuell wird noch über einen Übergangsvertrag verhandelt.
Die EU-Kommission hat während der Verhandlungen um den "geordneten Rückzug" Großbritanniens aus mit drastischen Schritten gedroht. Die die Generaldirektion für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien veröffentlichte am Mittwoch unerwartet eine Mitteilung in der sie erklärte, dass britische Firmen, Organisationen oder Bürger sobald Großbritanniens die EU verlassen hat "nicht länger berechtigt sein werden, Domainnamen mit der Endung .eu zu registrieren". Außerdem dürfen bereits registrierte britische .eu-Domains nicht weiter von den Registrierungsstellen verlängert werden, sobald der EU-Austritt erfolgt ist.
Die bisherige Rechtsprechung ist konform mit der Entscheidung der Generaldirektion. Im Jahr 2012 hatte der Gerichtshof der Europäischen Union bereits entschieden, dass Unternehmen nur dann eine .eu-Domain besitzen dürfen, wenn sie innerhalb der EU ansässig sind und die registrierte Domain selber nutzen. Es ist daher nicht erlaubt, dass beispielsweise ein deutsches Unternehmen eine .eu-Domain registriert und diese dann von einem Unternehmen außerhalb der EU genutzt wird. Die Kommission kündigte an, dass alle bestehenden britischen .eu-Domains ohne Widerspruchsrecht zum Stichtag Ende März 2019 gekündigt werden könnten.
Die Generaldirektion der Brüsseler Regierungseinrichtung erklärte, dass die zuständige Registrierungsinstanz die Befugnis hat "solche Domainnamen in Eigeninitiative abzuerkennen", wenn die für den Besitz notwendigen Voraussetzungen, wozu auch ein Wohn- oder Firmensitz in der EU gehört, nicht mehr vorhanden sind. Ein weiterer Zwischenschritt für die Löschung, wie beispielsweise die Entscheidung einer außergerichtlichen Schiedsstelle, ist nicht nötig.
Das britische Magazin The Register ermittelte, dass aktuell rund 317.000 .eu-Domains in Großbritannien registriert sind. Die Gesamtzahl der bei der Verwalterin der europäischen Top Level Domain (TLD) Eurid registrierten Domains liegt bei rund 3,1 Millionen. Großbritannien besitzt also rund zehn Prozent aller .eu-Domains.
Die Löschung einer so großen Anzahl von Domains zur selben Zeit hätte große finanzielle Folgen für die Registrierungsinstanz und auch für die EU selbst. Aktuell überweißt die EURID jährlich Millionen an die Staatengemeinschaft. Die EURID verlangt seit 2007 für die Registrierung oder Verlängerung jeder .eu-Domain fünf Euro pro Jahr. Zuvor war der Preis noch doppelt so hoch.
Die Domainverwaltung war offenbar nicht über die Pläne der EU informiert. Sie erklärte am Donnerstag, dass sie von den Plänen der Kommission völlig überrascht wurde. Eventuell könnte ein Übergangsvertrag zwischen der EU und Großbritannien die plötzliche Domain-Massenlöschung noch verhindern.